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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Apps bei Depressionen nicht unbedingt erste Wahl

Seit Meditation zu einer Trendmethode auch bei der Behandlung von Depressionen geworden ist und immer mehr Apps sich als Helfer beim Erlernen von Achtsamkeitsmethoden anbieten, liegt für manche die Schlussfolgerung nahe, dass eine Therapie im Zweifelsfall vielleicht unnötig ist. Experten wie Ulrich Hegerl, Professor an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Goethe-Universität Frankfurt, raten indes davon ab, depressive Symptome einfach selbst kurieren zu wollen, im Glauben, die App werde es schon richten. "Wenn ich mich entspannen will, kann eine Yoga- oder Achtsamkeits-App mir eine nette Anleitung geben. Sobald ein Mensch aber tatsächlich eine Depression hat, ändert sich das: Auch eine leichte Depression ist eine schwere Erkrankung des Gehirns", sagt Hegerl in einem Interview mit der Welt. Er stellt nicht in Frage, dass insbesondere explizit medizinische Apps, die entsprechende Qualitätskriterien erfüllen, eine gute Unterstützung zu einer Therapie bieten können. Doch warnt er auch vor reiner Selbstbehandlung, da vielen Betroffenen die Schwere ihrer Erkrankung womöglich nicht klar sei: "Depression ist eine schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankung und da ist es eine schlechte Idee, sich etwas aus dem Internet herunterzuladen und sich selbst zu behandeln. Die Lebenserwartung bei der Diagnose Depression ist im Durchschnitt um zehn Jahre reduziert. Herzinfarkt, Schlaganfall, Suizid – viele Risiken sind deutlich erhöht. Eine fachkundige Behandlung ist erforderlich." Menschen mit akutem Leidensdruck, die lange auf einen Therapieplatz warten müssen, rät Hegerl zum Gang zum Hausarzt oder Psychiater, da diese mit Antidepressiva bei der Überbrückung der Wartezeit helfen könnten. Der Psychiater mag hier eher konservativ argumentieren. Allerdings ist es wirklich bedenkenswert, wie weitreichend inzwischen die Do-it-Yourself-Mentalität geworden ist. Eine kulturelle Grundhaltung, derzufolge jeder seine eigenen Probleme möglichst schnell am besten alleine löse, führt bei vielen Menschen zu besonderem Leidensdruck. Manchen, insbesondere jenen, die keine wirkliche Depression haben, sondern womöglich einfach etwas mehr Entspannung brauchen, können diverse App sicherlich einen Weg zu konstruktiven Verhaltensänderungen ebnen. Aber manchmal ist ärztliche Abklärung auch hilfreich, um nicht in eine Sackgasse zu geraten.
Therapie mit Tablet? Hier kommen Depressions-Apps an ihre Grenzen, welt.de 12.9.2022

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