Die FAZ hat kürzlich einen Beitrag der Frage gewidmet, wie man sich im Arbeitsleben vor Manipulation durch Vorgesetzte und Kollegen schützen kann. Im Artikel werden verschiedene Szenarien dargestellt, die Menschen ihren Gesprächspartnern im Dialog ihre eigenen Vorstellungen geradezu aufzwingen, ohne dass diese es wirklich bemerken. Oft setzen beispielsweise zu Beginn eines Gesprächs gesetzte Annahmen Voraussetzungen, die dann einen unhinterfragten Rahmen für den gesamten Verlauf der Unterhaltung bilden - weil das Gegenüber sich auf sie bezieht, anstatt eine eigene Perspektive zu entwickeln. Oder Wünsche und Anforderungen werden als Selbstverständlichkeiten formuliert, was es dem Gegenüber erschwert, sich davon abzugrenzen - einfach weil der subjektive Eindruck entsteht, dem Gewohnten dann nicht zu entsprechen. "Generell schützt man sich gegen Manipulation, indem man sie kennt und wiedererkennt", sagt der Coach Thomas Wilhelm. Das bedeutet in meiner Wahrnehmung allerdings weniger, nach den von Beratern gerne analysierten Mustern zu suchen und diese dann einfach auszuhebeln. Wichtiger erscheint mir eine grundsätzliche Aufmerksamkeit im Hinblick darauf, wie Gespräche sich entwickeln. Innere Klarheit über eigene Haltungen und Ziele wie auch ein aufmerksames Wahrnehmen von Gesprächspartnern erleichtern es, wirklich das mitzubekommen, was gerade geschieht - und Abweichungen vom Wünschenswerten zu erkennen. Sicher gibt es Menschen, die andere ganz bewusst manipulieren. Doch häufig geschieht das, was wir später als Manipulation wahrnehmen, gar nicht in diesem Sinne willentlich. Wenn ein Chef, der unter Druck steht, in Gesprächen Überstunden als Selbstverständlichkeit preist, mag es vielleicht auch hilfreich sein, einen Schritt hinter das vermeintliche Thema zurückzutreten. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass eine harmlose Frage - "Ist das wirklich so?" - Gespräche einen unerwarteten Verlauf nehmen lässt. Allerdings nur, wenn ich auch in einer wirklich fragenden Haltung bin und nicht damit versuche, mein Gegenüber dorthin zu bringen, wo ich es haben will (eine schlichte Konter-Manipulation). Denn diese innere Offenheit, man könnte auch sagen Weite, ist es letztlich, die begrenztes Denken ins Leere laufen lässt.
Auf Umwegen zum Ziel, FAZ 8.2.16
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