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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Die dunklen Kontexte von Meditation

Happy, tiefenentspannt und frohen Mutes - Meditation scheint all dies zu versprechen. Wo Achtsamkeit immer mehr zum positiven Lebensstil wird, geraten die dunkleren Seiten leicht aus dem Blick. Das Philosophie Magazin hat in einem ausführlichen Beitrag einen näheren Blick auf die Schattenseiten geworfen. Manches mag vielleicht ein wenig zu düster beschrieben sein, bedenkenswert ist es allemal. So schreibt Nils Markwardt etwa: "Gelassenheitskonzepte, wie sie sich im Stoizismus und Buddhismus offenbaren, sind oft mit einem geradezu soldatischen Tugendkatalog verbunden, der Seelenruhe schnell in Kaltblütigkeit verwandeln kann: Opfer- und Leidensbereitschaft, Emotionslosigkeit, Ich-Verzicht, Disziplin und Gehorsam." Da ist einiges dran, wenngleich hier auch manches Aufbegehren eines Egos, das sich nicht gern zügeln lässt, mitschwingen mag. In traditionellen asiatischen Klöstern sind bis heute bisweilen sehr ruppige Lehrmethoden nicht unüblich. Aber Disziplin oder auch Respekt sind vielleicht auch Tugenden, die uns heute aufgrund einer immer stärkeren Individualisierung wie eine Einschränkung vorkommen. Der Begriff Emotionslosigkeit greift, zumindest wenn es um den Buddhismus geht, wohl eher etwas daneben (und erinnert an die Vulkanier aus Star Trek), denn gerade in der buddhistischen Literatur findet man viel darüber, wie Meditation dazu beiträgt, all den Emotionen, die uns heimsuchen, bewusst standzuhalten. Das ist ein Unterschied. Der Artikel geht auch auf die völkische Vereinnahmung des Zen ein: "Verstanden viele NS-Ideologen den Buddhismus also als eine Art spirituelles Instrument zur Erzeugung kriegerischer Resilienz, als geistiges Immunsystem für die Nebeneffekte soldatischer Selbstmobilisierung, so ist das einerseits natürlich eine verkürzte und faschistisch entstellte Lesart buddhistischer Weisheitslehren und Gelassenheitspraktiken. Andererseits rekurriert sie aber eben auf einen problematischen Kern, der im Gelassenheitsdenken selbst angelegt ist: das tendenziell autoritäre Zusammenspiel von Leidenschaftslosigkeit, Disziplin und Willensphilosophie." Eine Frage ist vielleicht, um welche Autorität es hier geht. Denn Meditation öffnet nicht zuletzt auch für eine Freiheit jenseits der Bedingtheiten, zu denen auch Autoritäten zählen. Lässt Wachheit sich vereinnahmen? Ich finde es gut, dass in letzter Zeit mehr Artikel über kritische Aspekte von Meditation und Achtsamkeit erscheinen. Manchmal würde ich mir allerdings wünschen, dass die Kritiker nicht nur philosophisch klug argumentieren, sondern auch der Erfahrungsdimension mehr Beachtung schenken. Denn hier gerade entfaltet sich die Vereinnahmung, die gerne kritisiert wird, doch ist hier auch das Tor zur Freiheit darüber hinaus.
Soldaten des Gleichmuts, Philosophie Magazin

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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