In einem Interview mit der taz kritisiert der Philosoph und Staatsminister d.D. Julian Nida-Rümelin eine zunehmende Überakademisierung in der Arbeitswelt: "Meine Kritik des Akademisierungswahns ist auch eine Kritik am akademischen Bildungsdünkel. Ich kann nicht erkennen, warum eine besondere Begabung, nämlich die der kognitiven Intelligenz, das Maß aller Dinge sein soll. Warum nicht genauso technische, handwerkliche, kaufmännische, soziale und ästhetische Kompetenzen wertgeschätzt werden." Diese Einseitigkeit führe unter anderem dazu, dass für die Gesellschaft existenziell wichtige Berufe wie in der Pflege, in der Pädagogik, aber auch im öffentlichen Dienst nicht allein durch geringe Bezahlung, sondern auch eine Abwertung der nichtuniversitären Ausbildung beinahe schon stigmatisiert würden. Nida-Rümelin plädiert indirekt in diesem Kontext für einen gleichen Lohn für alle und rät dazu, Bildung nicht zur Statusfrage werden zu lassen. Denn die Tatsache, dass ein Studium heute immer mehr einfach dazu gehöre, ungeachtet der individuellen Fähigkeiten, führe letztlich dazu, dass das universitäre Niveau sinke - und vor allem das wirklich wissenschaftliche Arbeiten an den Universitäten immer mehr zurücktrete hinter direkt verwertbaren Berufsqualifikationen.
"Wissenschaft ist nicht das Einzige", taz 29.11.14
© Dr. Nadja Rosmann 2024
Impressum / Datenschutz
Weitere Beiträge im Blog
- Klima-Angst und möglicher Job-Verlust
- Wohlstand lässt Jugendliche unglücklicher sein
- Stress ist Gift für Unternehmen
- Führungskräfte sind ein wesentlicher Bindungsfaktor
- Warum Nein-sagen manchen so schwer fällt
- Ein Loblied auf die Vier-Tage-Woche
- Arbeiten bis zum Umfallen war gestern
- Braucht es Goodies, um die Rückkehr ins Büro schmackhaft zu machen?
- Im Job wird von Frauen mehr erwartet
- Ist das Glück näher, als wir denken?
- Schlaf lässt sich weder erzwingen noch herbeimessen
- Power im Job fängt beim Essen an
- Schöne Alltagsmomente machen das Leben bedeutungsvoll
- Fast alle wollen einen ordentlichen Feierabend
- Viele wollen weniger arbeiten