Im Interview mit dem Weiterbildungsmagazin ManagerSeminare äußert sich der Neurowissenschaftler Gerhard Hüther recht kritisch über typische Motivationssysteme in Unternehmen. "Bestrafung oder Belohnug – es ist vollkommen egal, wie man’s macht: Beides ist eine Dressur, beides ist der Versuch, den Mitarbeiter so abzurichten, wie man ihn braucht. In beiden Fällen kommt ein Mitarbeiter heraus, der sich vorübergehend so verhält, wie man sich ihn wünscht, der also eine gewisse Leistung bringt. Das Fatale aber ist: Die Führungskraft muss sich immer mehr Belohnungen ausdenken oder immer mehr Sanktionen androhen", mahnt Hüther. Sein Gegenmodell - eine Art Wiederbelebung der Mitarbeiter: "Nach allem, was wir aus der neurobiologischen Forschung der vergangenen Jahre wissen, wäre es wichtig, Mitarbeiter nicht zu fördern, sondern sie wiederzuerwecken. Denn Menschen kommen nicht als Förderungsbedürftige zur Welt. Alle Menschen haben zumindest am Anfang ihres Lebens mal eine Zeit erlebt, wo sie mit großer Begeisterung gelernt, sich Neues angeeignet, etwas entdeckt und gestaltet haben. Das ist ihnen nur leider mit der Zeit durch ungünstige Bildungserfahrungen ausgetrieben worden." Hüther sieht in Unternehmen gegenwärtig zwei verschiedene Typen von Führungskräften: die, die Mitarbeiter "ausquetschen wie Zitronen", und solche, die ihre Kraft nutzen, um ihre Mitarbeiter zu inspirieren. Laut Hüther ist das Wecken von Begeisterung der größte Motivationsanker: "Ohne Begeisterung läuft im Hirn nichts. Die Begeisterung muss von innen kommen, als eigenes, inneres Motiv. Nur dann, wenn sich jemand begeistert, werden in seinem Gehirn die so genannten neuroplastischen Botenstoffe ausgeschüttet, die wir Dünger fürs Hirn wirken und die Herausbildung neuer Verknüpfungen ermöglichen."
Belohnung ist genauso falsch wie Bestrafung, ManagerSeminare Juni 2010
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