Die ehemalige Investment-Bankerin Alexandra Michel, die seit ihrer Karriere im Bankwesen als Dozentin der University of Southern California tätig ist, hat in einer Studie das Arbeitsleben von Bankern untersucht und kommt dabei zu beunruhigenden Ergebnissen. So beobachtet Michel in den großen Finanzhäusern ein System des Selbstverschleißes, das immer mehr um sich greift. Jungbanker, die 80 bis 100 Stunden pro Woche arbeiten, sind der Normalfall. Doch nach drei bis vier Jahren stößt auch der Nachwuchs häufig an körperliche und geistige Grenzen. 60 Prozent der Betroffenen übergehen nach Michels Erkenntnissen diese Warnsignale und machen weiter. 40 Prozent schrauben ihr Pensum zurück oder suchen sich, da dies ihre Karrierechancen im Höchstleistungssektor natürlich einschränkt, gleich neue Jobs, beispielsweise in der Politik. Die Bank wird zur Inselwelt und die Grenzen zwischen Arbeit und Leben verschwimmen immer mehr, wozu der selbst postulierte Leistungsethos zusätzlich beiträgt. Die Folge: Wo es keine Grenzen mehr gibt, lässt sich aus den Arbeitnehmern nur noch mehr Leistung herauspressen. Michels Erhebungen zufolge räumten 90 Prozent der von ihr befragten Banker ein, Hobby, Freizeitaktivitäten und Familie zu vernachlässigen. "Die Banker wollen so viel verdienen, dass sie sich damit ihren Traum verwirklichen können. Die Wahrheit ist aber: Nach all den Jahren in der Bank wissen sie gar nichts mehr mit ihrer freien Zeit anzufangen", so Michels ernüchternde Erkenntnis.Ihr seid ja alle krank, Spiegel online 5.3.12
© Dr. Nadja Rosmann 2024
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