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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Schmerzmittel werden zum kulturellen Problem

Als der US-Präsident Donald Trump vor zwei Wochen den nationalen Gesundheitsnotstand ausrief, hat ein Phänomen öffentliche Anerkennung gefunden, das seit vielen Jahren große Teile der amerikanischen Bevölkerung betrifft. Die wachsende Abhängigkeit von starken Schmerzmitteln hat längst Millionen von Menschen in eine Abhängigkeit getrieben, die kulturelle Sprengkraft hat. Im Schnitt sterben täglich 91 Amerikaner an einer Überdosis Opioide. Und es sind nicht nur die typischen Junkies, sondern Menschen aus der Mittelschicht. Der sorglose Umgang mit süchtig machenden Schmerzmitteln hat im Gesundheitswesen seine Spuren hinterlassen. Schmerzpatienten, die als geheilt gelten, finden sich dann in einem Alltag wieder, den sie nur noch bewältigen können, wenn sie weiterhin Schmerzmittel nehmen. Der Deutschlandfunk hat in einem großen Feature Geschichten dieser Menschen gesammelt. Vielen ist ein Leben ohne Medikamente nicht mehr möglich, und wenn sie keine Ärzte finden, die ihnen die benötigten Tabletten verschreiben, rutschen sie bisweilen ab in eine Drogenkarriere. Es ist ein Überlebenskampf, der viel über die westliche Kultur aussagt. Wo das Funktionieren einen hohen Stellenwert hat, muss der Schmerz bekämpft werden, und jedes Mittel scheint dazu recht. Mediziner haben schon lange vor dem sorglosen Umgang mit Opioiden gewarnt. Sie treffen aber auch oft genug auf Menschen, die genau diese wollen, um dem Schmerz zu entfliehen. Etwa seit der Jahrtausendwende sind die Zahlen der Opioid-Toten explodiert. Jährlich sterben 33.000 Amerikaner an einer Überdosis - das entspricht der Zahl derer, die durch Autounfälle oder Waffengewalt ihr Leben verlieren. Die Flucht in Medikamente ist ein Spiegel kultureller Hilflosigkeit. Im Feature erklärt Dave, der seine Abhängigkeit schließlich überwunden hat: "Im Endeffekt weiß ich jetzt, dass die Antwort auf all meine Probleme stets eine chemische Antwort gewesen ist. Eine Pille oder einen Drink, den ich nehmen konnte, um die schlechten Dinge verschwinden zu lassen. Du verscheuchst den Schmerz, verdrängst ihn, so dass du dich besser fühlst. Aber das ist ja überhaupt nicht der Fall. Weißt du, ich habe erst wieder lernen müssen, das Leben so wahrzunehmen, wie es nun einmal ist…, das Leben durch andere Menschen erfahren, in der Gemeinschaft mit anderen." Verdrängung und Isolation sind so typisch für moderne Kulturen, in denen jeder auf sich alleine gestellt ist. In der Entwöhnungstherapie spielt die Gemeinschaft, die viele der Abhängigen zuvor vermisst haben, eine tragende Rolle. Anscheinend brauchen wir tragische Entwicklungen wie diese, um zu erkennen, dass es letztlich eine Kultur der Verbundenheit ist, die wir als wirklichen Lebensraum brauchen.
Die Betäubten Staaten von Amerika, Deutschlandfunk 2.11.17

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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