Es wird immer ernster mit der Industrie 4.0. Eine beim Weltwirtschaftsforum in Davos vorgelegte Studie zeigt, dass in den nächsten Jahren 7,1 Millionen Jobs durch die wachsende Digitalisierung verloren gehen könnten, während nur 2,1 Millionen neue Arbeitsplätze, überwiegend für Computerexperten, entstehen. Dementsprechend waren die Diskussionen in Davos auch davon geprägt, wie mit dieser tektonischen Plattenverschiebung umzugehen sein könnte. Interessanterweise mehren sich die Stimmen derer, die von einer Umverteilung der Einkommen sprechen und hier vor allem das Grundeinkommen ins Spiel bringen. Zu ihnen gehört beispielsweise Christopher Pissarides, der 2010 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Er sagt: "Wir müssen ein neues System entwickeln, um die Einkommen umzuverteilen." Andere wie Erik Brynjolfsson, Professor am MIT in Boston, denken eher über eine negative Einkommensteuer nach. Sinkt das Einkommen unter eine bestimmte Grenze, müssten Menschen keine Steuer mehr zahlen, sondern erhielten vom Finanzamt einen Zuschuss. Nachdem ich die Diskussion um das Grundeinkommen schon seit Jahren verfolge, finde ich es zwar erfreulich, dass - leider aufgrund prekärer Umstände - das Thema gesellschaftlich immer mehr Beachtung findet. Doch gleichzeitig scheint mir das, was wir uns zu denken erlauben, noch längst nicht weit genug zu gehen. Wo eigentlich das gesamte kapitalistische System immer mehr ins Wanken gerät, bedarf es eher eines weiteren Blicks, der nicht versucht, an einzelnen Stellen umfassende Ideen zur Kompensation von Schwächen des Systems zu verwenden. Doch immerhin tritt so ein hilfreicher Ansatz immer mehr in die Gegenwärtigkeit und regt vielleicht auch manche zum Weiterdenken an.
Davos diskutiert über das Grundeinkommen, SZ 22.1.16
© Dr. Nadja Rosmann 2024
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