Wir brauchen mehr intellektuellen Tiefgang
Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger redet im Interview mit der Wirtschaftswoche Tacheles zum Thema Managerversagen. Seiner Ansicht ist eine fehlgeleitete Ausbildung ein wesentlicher Faktor der derzeitigen Finanzkrise. Es sei ein Fehler, allein ein Versagen von Märkten und Institutionen zu kritisieren, da diese durch Menschenhand entstehen. Sattelberger kritisiert, dass die ökonomischen Theorien, die an Business Schools gelehrt werden, sich fast ausschließlich an Stakeholder-Interessen orientieren und die gesellschaftliche Rolle von Unternehmen und Managern ausblenden: "Dieses Denken wurde Millionen MBA-Absolventen weltweit eingetrichtert und so zu einem substanziellen Vehikel der Krise." Der Telekom-Vorstand bemängelt, dass im neoklassischen Paradigma bestimmte Themen wie die Transparenz der Märkte überhaupt nicht mehr in Frage gestellt würden und fordert: "Wir brauchen mehr intellektuellen Tiefgang, um die Welt des Managements zu erfassen. Um Probleme in Unternehmen nachhaltig zu lösen, ist nicht nur Ökonomie wichtig, sondern auch Geschichte, Soziologie, Psychologie, Philosophie. Und die Reflexion der eigenen Person. ... Ich muss verstehen, dass Unternehmen nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern soziale Organismen sind. Die Zahlen kommen am Schluss, sind das Ergebnis sozialen Handelns oder psychologischer Wirkung. Ich muss wissen, dass ich als Manager Teil dieses Organismus bin." Sattelberger wirft der heutigen Manager-Generation "seelischen Autismus" und eine fehlende Verantwortung für ein größeres Ganzes, das über die eigenen Interessen und die des einzelnen Unternehmens hinaus geht. Seine Devise: Reflexion statt Gehirnwäsche.
"Reflexion statt Gehirnwäsche", WiWo 18.2.2010