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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Abstiegsgefühle wirken über die Zeit

Insbesondere der Rechtspopulismus wird in vielen Ländern mehr und mehr zum Problem der Demokratie. Eine neue Untersuchung der Friedrich-Schiller-Universität Jena legt nun nahe, dass die politische Zustimmung zu populistischen Parteien wie der AfD auch eine zeitliche Komponente hat, die bei eher gegenwartsbezogenen Analysen leicht übersehen wird. Die Wissenschaftler stellten nämlich fest, dass Abstiegsgefühle, die sich zum Teil über Jahrzehnte entwickeln, eine besondere Rolle dabei spielen, dass Menschen sich von rechtspopulistischen Ideen angesprochen fühlen. Betrachtet man die heutigen AfD-Hochburgen im Osten, werde deutlich, dass es sich um Regionen handelt, die in früheren Zeiten einmal wirtschaftlich sehr prosperierend waren - und die über die Jahrzehnte diese Stellung verloren haben. "Landstriche wie Südsachsen und Städte wie Bautzen oder Dresden gehörten in den 1920er Jahren deutschland- wenn nicht gar europaweit zur wirtschaftlichen Spitzengruppe, haben aber in der weiteren zeitlichen Entwicklung enorm an wirtschaftlicher Bedeutung eingebüßt. Gerade in diesen Gebieten ist die Zustimmung zur AfD besonders hoch, auch wenn man andere mögliche Bestimmungsgründe des Wählerverhaltens berücksichtigt", so Prof. Dr. Michael Fritsch von der Universität Jena. Dass diese Region auch von den Entwicklungen nach der Wiedervereinigung profitiert hat, falle dabei weniger ins Gewicht als das Gefühl eines langfristigen Verlusts: "Der Abstieg des Wirtschaftsstandorts von einer Führungsposition ins derzeit untere Viertel hinterlässt Spuren im Selbstverständnis und sorgt dafür, dass sich die Menschen stärker abgehängt fühlen, als sie es eigentlich sind." Politisch betrachtet bräuchte es wahrscheinlich sehr viel mehr Sensibilität für diese historischen Zusammenhänge menschlicher Selbstverortung und äußerer Rahmenbedingungen. Dies könnte auch helfen, die gegenwärtigen Abstiegsängste in breiteren Teilen der Bevölkerung besser zu verstehen. Denn sie speisen sich nicht allein aus der aktuelle Situation (die für viele immer noch mindestens gut ist), sondern auch aus dem historischen Vergleich. Denn in den letzten Jahrzehnten konnten jene, die sich anstrengen, sich darauf verlassen, mit einem gewissen Wohlstand rechnen zu dürfen. Doch genau diese Sicherheiten zerfallen gerade.
Langfristiger Bedeutungsverlust sorgt für Wählerfrust, idw 2.11.2022

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