Klaus Zumwinkel, Uli Hoeneß, Alice Schwarzer - die Liste der Prominenten, die sich als Steuerhinterzieher bekannt haben und geoutet wurden, wird immer länger. Und der Volkeszorn über dieses Fehlverhalten scheint immer größer zu werden. In einem Interview mit dem Psychologen Stephan Grünewald geht Zeit online der Frage nach, warum die emotionalen Wogen immer höher schlagen. "Wenn man erlebt, dass sich vermeintliche Vorbilder nicht an die Spielregeln halten, stellt man sich die Frage: Warum soll ausgerechnet ich es noch? Diese Zweifel nagen an der Solidargemeinschaft. Jede Gesellschaft gründet sich in einer Idee der Gerechtigkeit. Alle haben die gleichen Rechte, aber auch alle müssen einen Verzicht leisten, zum Beispiel durch Steuerzahlungen. Psychologisch betrachtet sind die Steuern Opferleistungen, die man erbringt, damit der Staat die Gegenwartsaufgaben erfüllen und die Zukunft sichern kann. Wenn man dann persönlich sein Steueropfer bringt, dann möchte man auch, dass alle diesen Verzicht leisten – vor allem die Besserverdienenden", so der Kölner Psychologe. Die Bankenrettung, aber auch die weiterhin hohen Boni lassen laut Grünewald größere Teile der Bevölkerung mit dem Gefühl zurück, dass es die "kleinen Leute" sind, die die Lasten der Krise zu schultern haben - während man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Besserverdiener sich nicht nur eines solidarischen Beitrags entziehen, sondern vielleicht sogar selbst massiv zur Krise beigetragen haben. Im Fall von Alice Schwarzer komme hinzu: "In die normale Empörung über die Steuerhinterziehung mischt sich ... auch die Schadenfreude, dass jemand, der vorgab, fast immer im Recht zu sein, diesmal im Unrecht ist." Da helfe es auch wenig, wenn ein Uli Hoeneß mit seinem Geld soziale Projekte unterstützt oder Alice Schwarzer die Gründung einer Stiftung ankündigt, denn: "Das wird als willkürlich erlebt, als ein Geben nach Gutsherrenart. Die Bevölkerung wünscht sich aber Berechenbarkeit. Das Maß sollte für alle gleich sein. Gerade wir Deutschen wollen eine nivellierte Mittelstandsgesellschaft. Anders als in den USA werden die exorbitanten Ausschläge hier nicht gern gesehen. Am besten orientieren sich alle an der Golf-Klasse."
"Wir spüren den Zorn der Enttäuschten", Zeit online 5.2.14
© Dr. Nadja Rosmann 2024
Impressum / Datenschutz
Weitere Beiträge im Blog
- Klima-Angst und möglicher Job-Verlust
- Wohlstand lässt Jugendliche unglücklicher sein
- Stress ist Gift für Unternehmen
- Führungskräfte sind ein wesentlicher Bindungsfaktor
- Warum Nein-sagen manchen so schwer fällt
- Ein Loblied auf die Vier-Tage-Woche
- Arbeiten bis zum Umfallen war gestern
- Braucht es Goodies, um die Rückkehr ins Büro schmackhaft zu machen?
- Im Job wird von Frauen mehr erwartet
- Ist das Glück näher, als wir denken?
- Schlaf lässt sich weder erzwingen noch herbeimessen
- Power im Job fängt beim Essen an
- Schöne Alltagsmomente machen das Leben bedeutungsvoll
- Fast alle wollen einen ordentlichen Feierabend
- Viele wollen weniger arbeiten