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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Hirndoping zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Das Thema Hirndoping ist seit einigen Monaten schwer en vogue und immer mehr Wissenschaftler gehen der Frage nach, ob und wie sich mit Medikamenten die Leistungsfähigkeit steigern lässt. Klaus Lieb, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, und Thomoas Metzinger, Philosoph an der gleichen Universität, untersuchen im Rahmen eines Forschungsprojektes mit Fachleuten verschiedener Disziplinen, wie es um die Optimierungsmöglichkeiten für das Gehirn bestellt ist. Die Ergebnisse der Forscher sind ernüchternd. Metzinger räumt ein, dass der allgemeine Hype um das Thema natürlich bestimmte Zielgruppen zum experimentieren anregt, kann in Deutschland jedoch keine mit Amerika vergleichbare Enhancement-Epidemie feststellen. Das Problem aller medikamentöser Optimierungsstrategien sind nach wie vor die unkalkulierbaren Risiken. So weist Lieb darauf hin, dass beispielsweise eine gesteigerte Dopamin-Wirkung zwar für den Moment wacher und aktiver mache, aber auch die Fähigkeit, aggressive Impulse zu kontrollieren, beeinträchtige. Selbstüberschätzung und eine ungesunde Risikofreude könnten ebenfalls die Folge der Gehirnstimulierung sein. Dazu die FAZ: "Unberechenbare Energiemaschinen, die von Manien getrieben jeden Moment ausrasten können, sind für die Arbeitswelt kein Zuckerschlecken." Lieb richtet das Augenmerk auch darauf, dass die vielbeschworene Kreativität, die vermeintlich durch solche Maßnahmen gesteigert werde, vielfach gerade nicht durch eine erzwungene Fokussierung entstehe, sondern eher durch "ein gewisses Maß an Ablenkbarkeit durch eigene unsortierte Gedanken" gekennzeichnet sei. In diesem Zusammenhang führt die FAZ ein von verschiedenen Forschern bereits angeführtes "technisches Missverständnis von Lebensführung" an: "Denn beim Hirndoping gehe es um die Optimierung von zielführenden Prozessen dergestalt, dass die Befragung der Ziele selbst aus dem Blickfeld gerät. Mit der Tendenz, soziale Probleme zu medikalisieren statt sie mit politischen Instrumenten lösen zu wollen." Gegenwärtig sieht es also eher so aus, als würde die Idee des Hirndopings weniger menschliche Fähigkeiten fördern, als vielmehr untergraben, denn Kritikfähigkeit, aber auch die Fähigkeit, Misserfolge zu ertragen und an ihnen zu wachsen, tragen letztlich dazu bei, dass wir die sind, die wir sind - mit allen Schwächen, aber eben auch den aus vermeintlichen Irrwegen oder Fehlschlägen resultierenden Stärken.
Was ist dran am Hirndoping? FAZ, 12.7.10

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