Mit Achtsamkeit Ängste verlernen
In manchen Therapien ist ein Teil der Behandlung das Verlernen von Ängsten. Da diese jedoch leichter "gelernt" werden, als man sie hinterher wieder loslässt, sind solche Ansätze nicht immer von Dauer. Eine neue Studie zeigt nun: Wenn Menschen nur ein vierwöchiges Achtsamkeitstraining mit einer App durchlaufen, unterstützt das das therapeutisch begleitete Verlernen von Ängsten deutlich. Der Versuchsaufbau der Studie war allerdings ein vergleichsweise banaler, denn die Probanden wurden darauf konditioniert, dass bestimmte Bilder, die ihnen gezeigt werden, mit der Verabreichung schmerzhafter Elektroschocks verbunden sind. Das Angstsetting war ein zeitlich sehr überschaubares und die Angst nicht, wie im echten Leben so oft über Jahre "kultiviert". Einerseits finde ich es spannend zu sehen, in welch unterschiedlichen Szenarien Achtsamkeitsübungen positive Wirkungen zeitigen. Mir fehlt aber ein wenig der Weitblick bei vielen Ansätzen. Deutlich mehr interessieren würde mich beispielsweise, einmal in einer Langzeitstudie zu erforschen, ob Meditation nicht vielleicht als grundsätzliche Lebenspraxis betrieben, das Entstehen von Ängsten verringern könnte. Viele aktuelle Forschungsprojekte, die Achtsamkeit hypen, konzentrieren sich darauf, die Resultate einer womöglich nicht so dienlichen Lebensweise zu kompensieren - siehe all die Stressstudien, die gemacht werden. Wie wäre es, wenn wir uns mehr darauf konzentrieren, wie Lebensstile und kulturelle Gepflogenheiten sich ändern müssten, damit solche Reparaturen gar nicht möglich werden und Menschen einfach so ein zufriedenes Leben haben, beispielsweise indem meditieren so selbstverständlich wird wie Zähenputzen.
Achtsamkeitstraining hilft, Ängste zu vergessen, spektrum.de 8.1.20