Die Süddeutsche Zeitung geht in einem Interview mit dem Psychologen Stephan Grünewald der Frage nach, warum es in Deutschland keine wirkliche Kultur der Selbstständigkeit gibt. Grünewald, der selbst nach seinem Studium ein Unternehmen gründete, sieht einen nicht zu unterschätzenden Bremsklotz im Bildungssystem: "In Amerika lernen Schüler und Studenten: Wie biete ich mich an, wie verkaufe ich mich gut. In Deutschland ist die Bildung dagegen schon darauf ausgelegt, eine intellektuelle Druckbetankung zu vollziehen. Möglichst viel Bildung effizient vermitteln. Das ist nicht kreativitätsfördernd." Gründer bauchen nach Ansicht des Psychologen Liebe und Besessenheit. Viele Kinder würden jedoch schon von früh auf von ihren Eltern verplant, auch weil es eben typisch deutsch sei, sich nach allen Richtungen mehrfach abzusichern. Die Folge: Nicht zuletzt ein Hang zum Perfektionismus, der in Bürokratiewahn gipfelt und Eigeninitiative lähmt: "Vor allem aber gibt es ein paar Kreativitätskiller in Deutschland, an denen die Unternehmen, der Staat und das Individuum etwas ändern könnten: Der Perfektionswahn - das erstickt die Idee nur. Außerdem müssten wir raus aus diesem Hamsterrad und auch mal innehalten. Wir Deutschen neigen dazu, unser Leben überzuprogrammieren. Damit betrügen wir uns um unsere schöpferischen Kräfte. Und jeder sollte sich die Liebe zu einer Sache zugestehen."
"Wir Deutschen werkeln lieber im Hobbykeller", SZ 23.2.11
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