Der Trend der so genannten „Sunday Assemblies“ ist nun auch nach Deutschland geschwappt, wie die FAS mit einem großen Beitrag zeigt. In Abgrenzung zu traditionellen Gottesdiensten treffen sich hier Sinnsucher, an Gemeinschaft Interessierte und Menschen, die das Bedürfnis nach einer „entstaubteren Kirche“ artikulieren, zum gemeinsamen Singen, Musizieren und Philosophieren. Postmodern bunt und häufig noch ohne erkennbare übergreifende Bezugspunkte oder tiefergehende Fundierung entfaltet sich hier ein soziales Treiben, das wahrscheinlich weniger eine Gegenbewegung zur traditionellen Religion formiert, sondern eher Ausdruck eines wachsenden Bedürfnisses nach sinnstiftender Gemeinsamkeit ist. Dass die Form der Zusammenkünfte stark an das Format von Gottesdiensten erinnert, mag ein Hinweis darauf sein, dass die Kultur der Moderne bisher keine eigenständigen Formen des Gemeinsamen entwickelt hat. Wo die Religion vielen längst zu hierarchisch und verstaubt ist und das System Familie durch wachsende Individualisierung längst nicht mehr standardmäßig den Mittelpunkt des eigenen Lebens bildet, scheint es neuer Wege zu bedürfen, um das urmenschliche Verlangen nach sozialem Miteinander zu befriedigen. Die Frage ist vielleicht, ob ein solches Miteinander sich als Event inszenieren lässt, oder ob es nicht viel mehr neue soziale Praktiken braucht, die aus dem Leben selbst entspringen.
Dieses schöne Gefühl der Gemeinschaft, FAS 10.2.15
© Dr. Nadja Rosmann 2024
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