Die Nächte durchfeiern und morgens einfach die Vorlesung sausen lassen? Ganze Generationen von Studierenden haben mit einem vergleichbaren Rhythmus gut gelebt. Und dennoch irgendwann auch einen, oft sogar guten Abschluss gemacht. Doch die Zeiten ändern sich. In der FAZ beschreibt Lina von Coburg, wie sie sich als Studierende zunehmend durch die "Hustle Culture" ihrer Kommiliton.innen befremdet fühlt. Doch was meint "Hustle Culture" eigentlich? "Burnout Culture, Workaholism oder Toxic Productivity sind die Gängigsten [Begriffe]. Weiter bedeutet Hustle Culture, dass man seiner Karriere und bestimmten Zielsetzungen alles andere unterordnet und über die körperlichen Belastungsgrenzen hinweg arbeitet. Freizeit, ein soziales Umfeld oder Entspannung scheinen neben dem ganzen Hustlen keinen Platz zu haben", so von Coburg. Der Lifestyle Gleichaltriger, dem sie in den sozialen Netzwerken begegnet, ist ambitioniert: "Um fünf Uhr aufstehen, eine schnelle Runde joggen, danach einen Gurken-Spinat-Smoothie trinken und im Anschluss um acht in der Uni sein, um bis ultimo zu lernen." Sie kritisiert, dass hier ein Leistungsschema Überhand gewinnt, dass viele, die nach einer gewissen Work-Life-Balance streben, als Versager dastehen lässt: "Denn was diese Kultur vor allem vermittelt, ist, dass Studenten nur etwas wert sind, wenn sie bis zur Ermüdung lernen. Alle anderen, die ab und an ein Bier zu viel trinken, obwohl sie am nächsten Tag Vorlesungen haben oder sich gar Zeit für Freunde und Freizeit nehmen, sind nach dieser Logik Versager, die es im Leben nie zu etwas bringen werden." Der Optimierungszwang fängt heute eben schon an der Uni an. Und all die Straffungen der Studienabläufe in den vergangenen Jahren haben noch mal viel dazu beigetragen, den Erfüllungsdruck zu erhöhen. Eine gewisse Grundentspannung, eine Offenheit für Mögliches ohne Zielerreichungszwang, das scheint uns heute in vielen gesellschaftlichen Bereichen immer fremder zu werden. Was auf der Strecke bleibt, ist dabei die Muße ...
Der Studi von heute ist ein Streber, FAZ 4.11.22
© Dr. Nadja Rosmann 2024
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