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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Veggie für alle?

Wo die Grünen vor einigen Jahren noch mit einem Sturm kollektiver Entrüstung zu kämpfen hatten, als sie die Einführung eines vegetarischen Tags in Deutschlands Kantinen auf ihre Agenda setzten, zeigt der CoWorking-Space Anbieter WeWork nun, wie das geht. In einer E-Mail verkündete das amerikanische Unternehmen seinen 6.000 Mitarbeitern, dass sie, wenn sie künftig Fleisch essen möchten, dies selbst bezahlen müssten, und es auch bei Firmenveranstaltungen nur noch vegetarisches Essen geben werde. Begründet wird der Schritt auch damit, den CO2-Fußabdruck des Unternehmens reduzieren zu wollen. "Zum Produkt von WeWork gehört ein bestimmter Lebensstil und dazu passt die fleischlose Ernährung, mit der die Umwelt geschützt werden kann, sehr gut", so die Arbeitsoziologin Kendra Briken in einem Interview mit Zeit online. Zwar kritisiert sie den typischen Top-Down-Ansatz, mit dem die Idee durchgesetzt wird, sieht aber auch, dass in kulturellen Umfeldern, die solchen Ideen gegenüber positiv eingestellt sind, ein Vorstoß wie dieser auch in einen fruchtbaren Kontext fällt: "Die Mitarbeiter, wie auch die Kunden, auf die WeWork zielt, sind Teil einer hochqualifizierten, urbanen Elite. Man kann davon ausgehen, dass sie sich sowohl mit der eigenen Ernährung als auch mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen. In diesem Fall kann so eine Top-Down-Entscheidung sich sogar positiv auswirken. Mitarbeiter wie Kunden identifizieren sich mit dem Unternehmen und sagen: Wir arbeiten für eine gute Firma; wir nutzen einen ethisch wertvollen Service. Es motiviert Mitarbeiter, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Unternehmen gute Werte vertritt. Nach außen wirkt diese Entscheidung als Employer Branding: Wer sich jetzt bei WeWork bewirbt, bewirbt sich dort auch, weil er die fleischlose Kantine gut findet." Und doch schwingt in ihrer Einschätzung auch eine darüber hinausgehende Perspektive mit, denn Aktionen wie vegetarische Kantinenverpflegung sind einfach umzusetzen und verlangen Unternehmen vergleichsweise wenig ab. Ein bisschen Populismus mag also durchaus im Spiel sein. Interessant ist aber auch, dass Briken darauf verweist, wie sehr sich die Kultur seit dem gescheiterten Vorstoß der Grünen in den letzten Jahren verändert hat. Heute ist Vegetarismus schon viel salonfähiger. Die Frage der Bevormundung liegt natürlich in der Luft, zumal zwischen Angestellten und ihrem Arbeitgeber ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Ich bin da auch hin- und hergerissen. Fleischkonsum wird immer mehr zu einem eher unverantwortlichen Lebensstil - und doch würde ich mir wünschen, dass Vegetarismus mehr aus der Einsicht heraus um sich greift als von oben verordnet. Und doch trägt die Initiative von WeWork auch dazu bei, das Thema weiter in der breiteren Öffentlichkeit zu etablieren.
Für immer Veggie-Day, Zeit online 19.7.18

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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