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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Weniger arbeiten, mehr leben

Die Idee, Arbeitsprozesse zu verdichten, um Zeit zu sparen und Mitarbeitern dadurch ohne Lohneinbußen kürzere Arbeitszeiten zu ermöglichen, lädt immer mehr Unternehmen zum Experimentieren ein. Die Zeit portraitierte kürzlich eine IT-Agentur aus Bielefeld, die mit 5-Stunden-Arbeitstagen experimentiert. Um das gewohnte Pensum zu schaffen, wurden Meetings gestrafft, aber die wesentliche Zeitersparnis liegt darin, dass viele eher soziale Begegnungen, die gewöhnlich zum Arbeitsalltag gehören, schlicht ausgeklammert werden. Ein Plausch in der Kaffeeküche ist nicht drin, wenn man das, wofür man früher acht Stunden Zeit hatte, nun in fünf Stunden bewältigen möchte. Dem Bericht zufolge schätzen viele Mitarbeiter diese Straffung, weil sie durch den früheren Feierabend mehr Zeit haben, über die sie frei und privat verfügen können. Das mag auf den ersten Blick wie ein Gewinn wirken - und ist es in der Erfahrung der Arbeitenden meist auch. Es zeigt sich aber auch, dass die Arbeitsprozesse selbst sehr stark funktionalisiert werden. Das dürfte längerfristig auch das Gefühl bei der Arbeit beeinflussen. Die Bielefelder Agentur lässt ihr Experiment auch wissenschaftlich untersuchen. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich die Straffung auf die Wahrnehmung des Arbeitens auswirkt. Ich frage mich zum Beispiel, ob diese starke Funktionalisierung nicht auch längerfristig neue Formen der Entfremdung kreiert. Es hat durchaus etwas Maschinenhaftes, wenn man vor allem auf Output fokussiert ist - und das menschliche Miteinander aus Gründen der Zeitersparnis zurückstellt. Auf die Spitze getrieben könnte sich daraus eine Entkoppelung von Arbeit und Leben ergeben, die wir so vielleicht auch nicht wollen. Das soll kein Skeptizismus sein, eher die Frage danach, was uns Arbeiten in einem größeren Kontext wirklich bedeutet.
"Wollt ihr weniger arbeiten und genauso viel verdienen?", Zeit.de 10.4.18

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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