Weniger arbeiten wäre schön
Wie groß unsere Sehnsüchte zu sein scheinen, die offizielle Erlaubnis zu erhalten, weniger zu arbeiten, zeigte kürzlich eine Falschmeldung, die in verschiedenen Medien und bei ihren Lesern auf enorme Resonanz stieß. Es ging darum, dass die finnische Regierung angeblich eine Vier-Tage-Woche mit Sechs-Stunden-Tagen einführen wolle. Die Zeit gibt sich in einem Kommentar zu dem Vorfall pragmatisch und listet eine ganze Reihe von Möglichkeiten auf, wie man die Arbeitszeiten wenigstens flexibler den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden anpassen könnte. Interessanter finde ich, dass durch die Falschmeldung geradezu ein tiefes Luftholen unter gebeutelten Angestellten quer durch die Republik wahrnehmbar wurde. Denn in Kontexten, in denen sich Arbeit immer mehr verdichtet, geht es vielleicht schon lange nicht mehr darum, einfach etwas flexibler bis zur Erschöpfung zu schuften. Sondern Menschen haben wirklich zunehmend das Gefühl, zu viel, sprich zu lange im Verhältnis zu der Zeit, die ihnen für anderes bleibt, zu arbeiten. Und das deutet nicht nur auf ein Bedürfnis nach mehr Flexibilisierung - das heute durch die Hintertür oft mit unbezahlter und kaum wahrgenommener Mehrarbeit korreliert. Es geht eher darum, unsere Lebensperspektiven grundsätzlicher zu betrachten. Arbeit ist heute der Mittelpunkt unserer Leben. Aber muss das wirklich so sein? Fragen wird man ja noch dürfen ...
Es ist Zeit für radikale Flexibilität, zeit.de 9.1.20