Wenn Selbstoptimierung zum Stress wird
Wir wollen fit sein und gesund und uns wohlfühlen. In digitalen Zeiten sind dabei die Online-Tipps und virtuellen Helfer nicht weit. Fitnessarmbänder, Ernährungs-Ratgeber, Meditations-Apps - von all den pseudo-medizinischen möglichen Anwendungen einmal ganz zu schweigen. Je mehr Möglichkeiten wir haben, umso meinen wir oft auch nutzen zu müssen. Der Medizinethiker Giovanni Maio warnt bereits vor einer „selbstverordneten Gesundheitsdiktatur“ und das deutsche „Ärzteblatt“ meint: „Die Vermessung des eigenen Selbst durch die ‚Quantified-Self-Bewegung‘ nimmt groteske Ausmaße an“. "Der Druck zur Selbstoptimierung wird vielen zur nicht mehr stemmbaren Last", warnt der Mediziner Curt Diehm in einer Kolumne im Handelsblatt. Er findet es besorgniserregend, "den Wert eines Menschen nur noch über seine Funktionalitäten zu definieren". "Für die psychische Gesundheit ist es wichtig, Bereiche zu bewahren, in denen Stress und Leistung keine Rolle spielen. Letztlich führt der Drang zur ständigen Maximierung des Lebensnutzens zu einem Verlust an Lebensqualität. Überzogene Selbstoptimierung macht weder freier noch glücklicher", sagt er, der als Arzt in einer auf Führungskräfte spezialisierten Klinik tagtäglich mit den Exzessen der Leistungsgesellschaft zu tun hat. Vielleicht sollten wir uns wieder erinnern, dass Gesundheit viel mit Balance zu tun hat und Wohlbefinden mit innerem Frieden. Wir könnten erst mal bewusst die werden, die wir bereits sind, bevor wir uns überlegen, wie wir unseren Lebensstil optimieren.
Selbstoptimierung hat ihre Grenzen, HB 15.6.18