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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Wie Mitgefühl aktiv Verbindungen stiftet

In einer Zeit der politischen Herausforderungen scheint Empathie und Mitgefühl ein besonderer Stellenwert zuzukommen. Im Verlauf der Flüchtlingskrise haben wir gesehen, wie unterschiedlich die Befindlichkeiten sind, mit dieser Frage der Verbundenheit umzugehen. Wo wir im Alltagssprachgebrauch beide Begriffe leicht gleichsetzen, hat die Wissenschaft einen wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden Beziehungsdimensionen erkannt. Empathie umfasst eine grundsätzliche Resonanzfähigkeit. "Man teilt ein Gefühl mit einem anderen Menschen, ist aber der Gefahr ausgesetzt, überwältigt zu werden und in empathischen Stress zu geraten", so die Neurowissenschaftlerin Tania Singer. Mitgefühl hingegen hat auch eine aktive Dimension. Wenn man sich als Teil eines größeren Ganzen empfindet, ist mit der Wahrnehmung der Verbundenheit zumeist auch ein Handlungsimpuls der Fürsorge verbunden. Und diese Form der Aktivierung hat sogar positive Wirkungen auf beziehungsweise im Handelnden. Empfindet man Mitgefühl, "werden Netzwerke aktiviert, die mit positiven Gefühlen und Belohnung einhergehen. Bei Empathie dagegen wird zum Beispiel ein Teil der Schmerzmatrix im Gehirn aktiviert, der auch dann aktiv ist, wenn man selbst Schmerzen empfindet", so Singer. Mitgefühl öffnet uns also nicht nur für die Befindlichkeit anderer, sondern es wirkt gleichermaßen wie eine innere Ressource, die uns ein Handeln in Verbundenheit erleichtert. Es ist nicht immer leicht, diese Zuwendung zu kultivieren, denn das Leiden anderer fordert uns immer auch heraus. Wer sich beispielsweise auf das Schicksal von Flüchtlingen einlässt, konfrontiert sich mit Trauma, Verlust, Todesangst, Hilflosigkeit und Ohnmacht - Erfahrungen, denen man am liebsten ausweicht. "Diesem Impuls müssen wir gegensteuern", so die Psychoanalytikerin Marianne Leuzinger-Bohleber, die in Darmstadt mit Flüchtlingen arbeitet. Und das verlangt Überwindung und Hingabe. "Es gibt keine Abkürzung in das fremde Herz des Nachbarn", sagt etwa Rowan Williams, der ehemalige Erzbischof von Canterbury. Sich darauf einzulassen, ist eine kulturelle Leistung - eine, die eine Kultur der sozialen Verbundenheit fördert.
Das Herz der Anderen, FAZ 1.11.17

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