In der taz geht der Politikwissenschaftler Peter Grottian der Frage nach, warum zivilgesellschaftliche Bewegungen und hier insbesondere Attac in den letzten Jahren stark an Energie und Wirkungskraft verloren zu haben scheinen. Grottian erinnert an Höhepunkte der Attac-Geschichte wie die Proteste in Heiligendamm und bemängelt, dass die Politikverdrossenheit innerhalb der Bevölkerung Organisationen wie Attac keinen Zulauf mehr zu bescheren scheint. Mir ist beim Lesen des Artikels eines bewusst geworden: Viele dieser Bewegungen sind vor allem groß geworden, indem sie GEGEN etwas gekämpft haben - eine typische alt-linke Haltung. Über Jahrzehnte war Protest eine wesentliche Ausdrucksform derer, die sich Veränderungen wünschen. Doch wie steht es um das energetische Potential des Protests? Nun, Protest ist immer dann erfolgreich, wenn er etwas verhindern kann. Doch ist damit, dass etwas nicht geschieht, automatisch auch etwas Besseres gewonnen? Ich habe da meine Zweifel. Beispiel TTIP: Selbst wenn all die Organisationen, die das Abkommen kritisieren, sich mit ihren Forderungen durchsetzen würden - hätten wir dann schon eine wirklich bessere Wirtschaft und Lebenswelt? Ich glaube, der Niedergang, den Grottian bemerkt, betrifft nur einen bestimmten Teil der zivilgesellschaftlichen Sphäre, den des Protests. Denn auf der anderen Seite scheinen sich, zumindest in meiner Wahrnehmung, die Aktivistengruppen, die konkrete Projekte in Angriff nehmen, die sich für die schöpferische Verwirklichung von etwas, das einen realen Unterschied macht und Lebenszusammenhänge spürbar verbessert, stetig zu vermehren. Sie ignorieren bisweilen den politischen Diskurs und machen einfach ihr eigenes Ding. Sie verharren nicht mehr in Gegnerschaft, sondern gestalten das, was sie gerade gestalten können. Vielleicht ist der Protest ein Auslaufmodell.
Erstarrte Bewegung, taz 9.2.16
© Dr. Nadja Rosmann 2023
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