Altes Denken führt nicht weiter
Im Interview mit der Zeit warnt der Soziologe Ulrich Beck vor einer Verschärfung der gesellschaftlichen Spaltung. „Die Ungleichheit ist zuletzt radikaler geworden. ... Wer das alarmistisch findet, übersieht, dass die Legitimationskrise des jetzigen Systems weit in alle Gesellschaftsteile hineinreicht“, so Beck. Der Soziologe kritisiert eine national beschränkte Krisenpolitik und fordert zu einem grundsätzlichen Systemwandel auf: „Mit diesem alten Denken kommen wir langfristig nicht weiter. Die Staaten kommen nur dann raus aus der Defensive, wenn sie ihre Beweglichkeit gegenüber dem Kapital erhöhen. Das ist schon deshalb erforderlich, weil der zunehmend zügellose Kapitalismus immer neue Risiken produziert, derer wir Herr werden müssen. Das erfordert zwangsläufig mehr Kooperationen zwischen den Ländern. ... Nehmen Sie die Utopie eines sozialen Europas, also die Idee, auf europäischer Ebene einen Sozialstaat zu etablieren. Auf diese Weise wäre die Politik in der Lage den Abstiegsängsten, die die Menschen erfahren, etwas entgegen zu setzen. Das hätte im Wahlkampf ein Thema sein können, war es aber leider nicht. Ich sehe vor allem zwei große Themen, die die Politik in Deutschland beleben könnten: die ökologische und die soziale Frage.“
„Die Spaltung wird sich verschärfen“, Die ZEIT 29.12.2009