Die Financial Times Deutschland zeigt in einem Interview mit dem professionellen britischen Müßiggänger Tom Hodgkinson, dass ein entspanntes (Arbeits-)Leben durchaus möglich ist, wenn man die Weichen richtig stellt. Hodgkinson hat sich als Autor, dessen Lieblingsthema das Faulenzen ist, einen Namen gemacht. Viele Jahre gelang es ihm, nur vier Stunden pro Tag zu arbeiten, weil er seine Prioritäten entsprechend setzte. Obwohl er die Verwerfungen der heutigen Arbeitswelt weitgehend umschifft, ist er Systemkritik nicht abgeneigt: "Im Mittelalter hatte man eine sehr gute Einstellung zur Arbeit. Durch die Gilden gab es kein Konkurrenzdenken. Und außerdem war es eine unglaublich kreative Zeit: Die Universitäten und das Wohlfahrtssystem wurden gegründet, es gab viel mehr Gesang und Poesie." Auf die Kritik seines Gesprächspartners, dass zu dieser Zeit das Leben für die Unterschicht kein Zuckerschlecken war, entgegnet er: "Nach Schätzungen des International Labour Offices sterben heutzutage zwei Millionen Menschen pro Jahr bei der Arbeit, hinzu kommen 160 Millionen, die ihre Arbeit krank macht. Das Mittelalter ist nichts dagegen." Für Hodgkinson sind Freiheit und Eigenverantwortung wesentliche Tugenden für ein selbstbestimmtes Leben: "Ich glaube, es macht glücklich, Verantwortung zu übernehmen und Alternativen zum kapitalistischen System zu entwickeln. Die Gewerkschaften haben dazu beigetragen, Arbeitsbedingungen und Löhne zu verbessern, aber alles auf der Position des Sklaven, innerhalb der Tretmühle. Ich mag die Idee der Eigenverantwortung." Damit andere von seinem erprobten Lebensstil lernen können, hat er die Idler Akademie für Philosophie, Landwirtschaft und Frohsinn gegründet, denn seiner Meinung nach sind die Frage nach dem "Wer bin ich?", regelmäßige Gartenarbeit und eine fröhliche Grundhaltung die wichtigsten Zutaten für ein glückliches Leben.
Faulenzen lernen von Daniel Düsentrieb, FTD 15.4.12
© Dr. Nadja Rosmann 2024
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