In einem Interview mit Zeit online plädiert Günter Wallraff, der in jüngster Zeit wieder verschiedene praktische Untersuchungen zu prekären Arbeitsbedingungen durchgeführt hat, für mehr Mut zu Visionen, um ein angemessenes Leben und Arbeiten für alle möglich werden zu lassen: "Ich glaube, man muss wieder Utopien zulassen, man muss auch ins Unreine denken dürfen, wir brauchen Visionen. Denn das sollten wir nicht vergessen: Die positiven Realitäten von heute, wie beispielsweise die Gleichstellung der Frau, Kinder- und Minderheitenrechte, Arbeitsschutzgesetze und Umweltschutzbestimmungen, waren die häufig verspotteten Visionen und Utopien von einst. Es ist nichts anderes, wenn wir heute die Bewahrung der Natur, Entschleunigung oder eben menschengerechte Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitverkürzung fordern. Wir brauchen auch Spinner und Utopisten, wenn wir an der Realität von morgen bauen wollen." Wallraff setzt sich für eine Aufwertung sozialer und pflegerischer Berufe ein, fordert ein Höchsteinkommen und mahnt, dass wir alle unsere Verantwortlichkeiten im System Wirtschaft stärker zur Kenntnis nehmen sollten. "In den Schulen müsste bereits Verbraucherverantwortung gelehrt werden. Das fängt mit dem Umwelt- und Tierschutz an und geht über die Auswirkungen des Online-Handels auf die Arbeitsbedingungen in diesen Branchen bis hin zum persönlichen Umgang mit Smartphones und dem Internet. ... Wir als Verbraucher sind hier gefordert und haben sogar die Hauptverantwortung. Es ist momentan der Trend, sich möglichst schnell das billigste Produkt liefern zu lassen. Konsumsucht und sofortige Bedürfnisbefriedigung. Egal auf wessen Kosten. Es zahlen aber immer welche drauf, wenn dann Produkte auch noch kostenlos zurückgeschickt werden können", so Wallraff.
"Es wird Zeit für einen Höchstlohn", Zeit online 21.1.15
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