Das Problem der Moral ist der Zeitgeist
Der Wirtschaftsethiker Professor Peter Ulrich betrachtet die gegenwärtigen Verwerfungen innerhalb der Wirtschaftselite als logische Folge eines Zeitgeistes, der eine Vorteilsmaximierung propagiere. "Der neoliberale Zeitgeist hat nun seit etwa 20 Jahren den Leuten das Credo der Gewinnmaximierung eingehämmert. Wenn nur jeder seinen eigenen Vorteil maximiere, so sorge die unsichtbare Hand des Marktes dafür, dass dies für alle gut sei. Dieses Denken fungiert als ideologische Entlastung von moralischen Ansprüchen der Rücksichtnahme auf andere. Wer so tickt und Skrupel gegen knallharte Geschäftsmethoden im Umgang mit Mitarbeitenden, Lieferanten und öffentlicher Hand ablegt, der bringt 'Leistung' und macht Karriere", so Ulrich in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. Die aktuellen Steuerskandale sind dabei einerseits Ergebnis dieser tief verwurzelten Haltung, andererseits zeigen sie auch, dass selbst die Kontrollorgane anscheinend auf beiden Augen blind sind, denn, so Ulrich, seit etwa 1990 zeige sich, obwohl gerade die Manager-Einkommen deutlich gestiegen seien, ein dramatischer Rückgang bei den erklärten Einkommensteuern. Der kleine von nebenan scheint dagegen wenig kriminelle Energie an den Tag zu legen, denn obwohl die mittleren und unteren Einkommen seit Jahren stagnieren, nahm der Anteil der Lohnsteuer am Steueraufkommen zu.
"Der Ansehensverlust der Wirtschaftselite ist massiv", WiWo 21.2.2008