Die Denkzwänge durchschauen
Der systeminhärente Zwang zum Wettbewerb wird von vielen Wirtschaftsexperten immer wieder gerne ins Feld geführt, wenn es darum geht, die aus dem sich selbst auf die Spitze treibenden Konkurrenzdenken erwachsenden Verwerfungen in der Wirtschaft zu rechtfertigen. Dabei geht leicht außer acht, dass es ja Menschen sind (wir alle!), die mit ihren Annahmen und ihrem daraus resultierenden Verhalten das bilden, was wir unter der Wirtschaft verstehen. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (ja, schon einen Monat alt, aber immer noch aktuell) plädiert der Wirtschaftsethiker Peter Ulrich dafür, genau diesen nur allzu leicht ins Unbewusste verbannten Denkzwängen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. "Hinter den Sachzwängen stehen selbstgesetzte Denkzwänge! Es ist die Gewinnmaximierungsdoktrin selbst, die letztlich den Zwang zu rücksichtslosem Wirtschaften erzeugt. ... An die Spitze einflussreicher Unternehmen gehören Leute, die glaubwürdig sind, weil sie integer sind und ihr Wirtschaftsdenken nicht von ihrem Selbstverständnis als anständige Bürger abspalten", so Ulrich. Für den Wirtschaftsethiker müsste in einer nachhaltigen Wirtschaft ein Denken im Zentrum stehen, dass allen Anspruchsrechten in fairer Weise dient. Gleichzeitig kritisiert Ulrich ein deterministisches Denken in Anreizstrukturen, das im Prinzip alle Wirtschaftsakteure zu Marionetten degradiere.
"Es gibt eine Alternative zur Gewinnmaximierung", FAS 12.7.2009