Dilemma: Zwischen Authentizität und Anpassung
Das Weiterbildungsmagazin ManagerSeminare geht in seiner Dezember-Ausgabe dem Thema Authentizität auf den Grund. Diplompsychologe Rainer Niermeyer warnt davor, dass das Bedürfnis nach möglichst viel persönlicher Echtheit im Business leicht zur beruflichen Einbahnstraße werde und es zudem ein Irrglaube sei, dass Authentizität im Job überhaupt gefragt sei. Niermeyer argumentiert, dass es vor allem etablierte Rollenmodelle sind, die im Business für Verlässlichkeit sorgen. Wer ausschere aus dem Raster des Erwarteten, katapultiere sich leicht in eine Außenseiterposition. "Wer versucht, mit einer 'Sei-du-selbst-Philosophie' zu reüssieren, wird scheitern. Der Hauptgrund: Soziale Systeme sind nicht auf Authentizität angelegt, sondern auf Rollen", so der Psychologe. Er rät Führungskräften, sich lieber daran zu orientieren, was das Umfeld erwarte, und sich gegebenenfalls anzupassen. Niermeyer, der früher unter anderem in der Geschäftsleitung von Kienbaum tätig war, verkennt in seiner Argumentation jedoch, dass gerade die festgefahrenen Rollen es sind, die viele Unternehmen zunehmend erstarren lassen. Denn wenn Führungskräfte immer wieder nur einmal definierten und nicht mehr hinterfragten Erwartungen folgen, werden sie so starr wie ihre Organigramme. Gerade die unverwechselbare Persönlichkeit ist es ja, die neue Impulse setzt, wenn sie im Unternehmensalltag gelebt wird.
"Irrglaube Authentizität", ManagerSeminare Dezember 2008