Der Rücktritt von Fußballtrainer Ralf Rangnick in Folge eines Burn-outs hat in den Medien eine neue Lawine von Berichten zur Folge gehabt. Die Zeit wiederum kritisiert nun in einem Kommentar, dass Erschöpfung aufgrund zu hoher Arbeitsbelastung nach wie vor als individualisiertes Phänomen betrachtet werde und nicht als grundlegende Schwäche des Gesellschafts- und Arbeitssystems. "Statt Volkskrankheit müsste man Systemkrankheit sagen, und das klänge sogleich nach Revolution, nach den richtig dicken Brettern der Kapitalismuskritik, nach Demonstrationen und Nasswerden, nach einem retardierenden Moment in Zeiten von Beschleunigung und Fortschritt, wo doch alles gerade wie geschmiert läuft in Deutschland", moniert Autor David Hugendick. Der wunde Punkt: Für systemische Probleme werde nach wie vor nach individuellen Lösungen gesucht. Dem Einzelnen werden Mittel an die Hand gegeben, um sich besser zu entspannen, die eigene Work-Life-Balance besser zu planen oder Krankheiten zu vermeiden. Die grundlegenden Rahmenbedingungen in Unternehmen und der Arbeitswelt, die grundsätzliche Beschleunigung der Lebensverhältnisse hingegen erfahren nach wie vor eher kaum Kritik, so dass letztlich das Individuum zur Selbstverantwortung aufgerufen wird, um nicht unter die Räder zu geraten. Eine Selbstverantwortung, die nur allzu oft an den Grenzen des Systems scheitert, ja scheitern muss.
Nein, wir können nicht mehr! Die Zeit 5.10.11
© Dr. Nadja Rosmann 2024
Impressum / Datenschutz
Weitere Beiträge im Blog
- Klima-Angst und möglicher Job-Verlust
- Wohlstand lässt Jugendliche unglücklicher sein
- Stress ist Gift für Unternehmen
- Führungskräfte sind ein wesentlicher Bindungsfaktor
- Warum Nein-sagen manchen so schwer fällt
- Ein Loblied auf die Vier-Tage-Woche
- Arbeiten bis zum Umfallen war gestern
- Braucht es Goodies, um die Rückkehr ins Büro schmackhaft zu machen?
- Im Job wird von Frauen mehr erwartet
- Ist das Glück näher, als wir denken?
- Schlaf lässt sich weder erzwingen noch herbeimessen
- Power im Job fängt beim Essen an
- Schöne Alltagsmomente machen das Leben bedeutungsvoll
- Fast alle wollen einen ordentlichen Feierabend
- Viele wollen weniger arbeiten