Oft genug wiederholt, klingt Falsches immer wahrer
Zwischen Fakten und Fake unterscheiden zu können, ist in Zeiten lebensweltlicher Komplexität und aufflammender Verschwörungstheorien eine wesentliche Kulturkompetenz. Eine Studie zeigt jedoch, dass unsere Unterscheidungsfähigkeit zu bröckeln beginnt, wenn wir nur oft genug mit falschen Aussagen konfrontiert werden. Die Wissenschaftler zeigten im Test ihren Versuchspersonen wahre und falsche Aussagen, und dies in zwei Durchgängen. Dabei wurde deutlich: Falsches, das mehrfach gehört wurde, erschien vielen im zweiten Anlauf auf einmal wahr. Die Forscher führen diesen Effekt darauf zurück, dass unser Gehirn Dinge, die ihm schon bekannt sind, leichter verarbeitet. Und diese subtil empfundene Leichtigkeit verleitet uns möglicherweise dazu, einen Wahrheitsgehalt anzunehmen, selbst wenn es ihn nicht gibt. Es ist ein Automatismus, der uns verunsichern sollte. Und einer, der nachvollziehbar macht, warum beispielsweise die plumpen Uminterpretationen des Weltgeschehens durch Menschen wie den amerikanischen Präsidenten, selbst wenn sie bisweilen haarsträubend klingen, anscheinend doch irgendwann zu greifen beginnen. Gegenmittel scheint es hier nur eines zu geben - immer wieder wach sein und das, was uns begegnet, genauer betrachten und reflektieren.
Wissen schützt nicht vor der Wahrheitsillusion, spektrum.de 31.8.20