Über die Zeit haben sich in der wissenschaftlichen Forschung insbesondere drei Aspekte herauskristallisiert, die Menschen ihr Leben als sinnvoll empfinden lassen. Einerseits gehört dazu eine wahrgenommene Stimmigkeit der eigenen Lebenszusammenhänge (Kohärenz), weiter eine klare Richtung und ein Ziel und das Leben als wertvoll und bedeutsam zu erleben. Eine neue Studie zeigt nun, dass ein weiterer Aspekt ebenfalls wesentlich sein könnte - eine "Wertschätzung für Erfahrungen". Gemeint ist damit die "Fähigkeit, sich für einen Augenblick mit dem Leben verbunden zu fühlen, die ihm innewohnende Schönheit zu erfahren und zu schätzen". Das kann ein fröhlich zwitschernder Vogel am Morgen sein, ein besonderer Genussmoment in der Natur oder eine flüchtige Begegnung. Es müssen also gar nicht die vordergründig großen Bewegungen des Lebens sein, die zur Empfindung von Sinnhaftigkeit führen. Der frühere indische Premierminister Jawaharlal Nehru, der ein Weggefährte von Mahatma Gandhi war, schrieb schon 1950: "Wir leben in einer wunderbaren Welt. Wir können endlos viele Abenteuer erleben, wenn wir sie nur mit offenen Augen suchen." Im Alltag für die kleinen, leicht übersehenen Momente wieder sensibel zu werden, macht also einen großen Unterschied.
Offen für die schönen Momente, spektrum.de 10.2.2023