Politische Situation kann depressiv machen
Welche Auswirkungen politische Umstände auf die Lebensbedingungen von Menschen und vor allem auch ihre psychische Verfassung haben, kann man in Hongkong gegenwärtig wie in einer Art Straßenlabor erleben. Eine aktuelle Studie, die auch Daten einer zehnjährigen Langzeituntersuchung heranzieht, zeigt: Seit im vergangenen Jahr die Proteste und gewaltsamen Zusammenstöße mit der Polizei begonnen haben, haben fünf Mal mehr Menschen Depressionen entwickelt als in den Vorjahren. Und die Symptome Posttraumatischer Belastungsstörungen sind in der Bevölkerung um das Sechsfache gestiegen. Schätzungsweise jeder fünfte Hongkonger dürfte damit inzwischen unter psychischen Problemen leiden. Den Wissenschaftlern zufolge entspricht dieses Bild dem, was in Gesellschaften durch bewaffnete Konflikte oder terroristische Angriffe geschieht. Sicher wäre es interessant, solche Untersuchungen auch einmal in Ländern zu machen, in denen der politische Wahnsinn noch etwas zivilisierter vonstatten geht und Demokratien gerade am Kippen sind beziehungsweise eher autokratische Regierungen das Ruder übernehmen. Auf jeden Fall wird hier deutlich, dass die eigene Psyche in gewisser Weise alles andere als rein privat ist.
Proteste belasten die Psyche, spektrum.de 10.1.20