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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Angst ist in der Arbeitswelt unterbelichtet

Wiederkehrende Studien zeigen, dass ein nicht unwesentlicher Anteil der Bevölkerung regelmäßig mit Angstthemen bis hin zur diagnostizierten Störung zu kämpfen hat. In der Arbeitswelt wird diese Thematik jedoch immer noch weitgehend ausgeblendet. "Arbeiten, handeln können, zielorientiert sein – das verträgt nicht so viele belastende Gefühle wie Angst oder Scham. Es ist daher erst einmal nachvollziehbar, dass man versucht, solche Emotionen zu elimnieren. Aber das wird irgendwann zu einem Bumerang, weil Ignoranz sie nicht einfach verschwinden lässt. Untergründig wirken sie stets weiter. Und das kann zu sehr schwierigen, menschenunwürdigen Situationen führen. Alles wird der Leistung und dem Erfolg untergeordnet, und der emotionale Preis wird nicht mehr gesehen", sagt etwa der Psychoanalytiker Marius Neukom im Interview mit Psychologie heute. In seinen Augen trägt das Ignorieren von Angst dazu bei, dass Betroffene sich ausgestoßen und isoliert fühlen und ihr Selbstwertgefühl Schaden nimmt. Neukom weiß um die Paradoxien der Angst, denn bis zu einem gewissen Maße kann sie sogar zu einer Produktivkraft werden: "In einem mittleren Bereich ist Angst sehr stimulierend und erzeugt Leistung. Es ist eine Gratwanderung, und das wissen auch die meisten Unternehmen. Der autoritäre Führungsstil arbeitet ganz dezidiert mit der Angst: Das Bestrafen, die Drohung mit Strafe aktivieren Menschen, erzeugen Loyalität und bringen sie auch zu Höchstleistungen. Aber gleichzeitig ist Angst eben der Prototyp einer Unlust-Empfindung. Sie wirkt sehr schnell auch hemmend und beengend." Das Problem nicht nur vieler Mitarbeiter, sondern auch ihrer Chefs: Angst bleibt oft ein diffuses Gefühl, die ihr Objekt nicht kennt. Das macht es schwer, an einer konstruktiven Entwicklung zu arbeiten. Der Psychoanalytiker rät: "Die Führungskraft muss Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion im Bereich der Emotionen, spezifisch der Angst, lernen, damit die Angst integriert statt eliminiert werden kann. Integriert heißt: Die Angst bekommt Wort und Wahrnehmung, sie wird eingebunden in Beziehungen. Und dann können die Chefin oder der Chef auch eine beruhigende Funktion für andere einnehmen."
„Ansonsten bin ich einfach blind“, Psychologie heute 12.10.2022

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