Wenngleich sich auch in nichtwestlichen Ländern durch die Globalisierung des kapitalistischen Prinzips die Arbeitskontexte immer weiter an die Gepflogenheiten der einstiegen Industrienationen angleichen, scheinen ursprüngliche kulturelle Muster doch sehr tief verwurzelt und wandlungsresistent. In einem Interview mit Zeit online erklärt der Japan-Experte Franz-Hermann Hirlinger, dass in Japan, obwohl dort Todesfälle aufgrund von Überarbeitung (bekannt als Karoshi) längst zur Kenntnis genommen werden, immer noch das (Selbst-)Bild der allzeitigen Verfügbarkeit im Job vorherrscht. Zwar werden immer mehr Unternehmen auch nach westlich-darwinistischer Manier geführt, doch der ursprüngliche japanische Paternalismus sei noch stark: „Durch diese Kultur der Fürsorge entsteht eine große Loyalität zum Arbeitgeber. Und die Mitarbeiter wollen immer wieder neu beweisen, dass sie zu dieser Firma gehören, indem sie viel Zeit im Unternehmen verbringen.“ Die japanische Regierung will bereits ein Gesetz einbringen, das Arbeitnehmer dazu verpflichtet, jedes Jahr fünf Pflichturlaubstage zu nehmen. Dimensionen, die für Deutsche kaum nachvollziehbar sind. Parallel zur starken Selbstverpflichtung der Arbeitnehmer sind die Japaner zugleich ein eher introvertiertes Volk, das auch kaum Zugang zur eigenen Psychodynamik zu haben scheint. „Man sucht die Fehler oft nur bei sich selbst“, so Hirlinger. Ein Einstellungswandel ist gegenwärtig vor allem bei der jungen Generation zu beobachten: „Seit etwa 15 Jahren zeichnet sich ab, dass die Jungen diese Arbeitskultur nicht mehr wollen. Sie bekommen natürlich mit, dass es diesen Stress in anderen Ländern nicht gibt und sehen das als Vorbild. Die arbeiten inzwischen lieber bei westlichen Firmen, wo die Normen lockerer sind.“ Die Jungen hierzulande indes sind schon einen Schritt weiter – dazu morgen mehr ...
"Ich habe ein Recht auf Arbeit am Wochenende", Zeit online 13.2.15
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