In einem Interview mit der Psychologin Susan Pinker wirft die FAZ einen interessanten Blick auf die Frage, wie sinnvoll es überhaupt ist, an das Karriereverhalten von Frauen und Männern gleiche Maßstäbe anzulegen. Zahlreiche Studien belegen längst, dass Frauen in den Führungsetagen meistens eine Minderheit darstellen. Pinker behauptet, dass dies nicht nur an den von Männern in Machtpositionen gezogenen gläsernen Decken liege, die Frauen einen Aufstieg erschweren, sondern schlicht daran, dass Frauen einfach völlig andere Prioritäten verfolgen - weil sie schlicht anders sind als Männer: "Dahinter stecken die Hormone. Bei Männern spielt das Testosteron eine große Rolle, es macht sie abenteuerlustig, kampfbereit, aggressiv. Frauen hingegen können sich gut einfühlen in andere, haben Mitgefühl. Auch das geht auf ein Hormon, Oxytozin, zurück. Schon im Säuglingsalter reagieren Mädchen auf Gesichter, Jungen auf mechanische Pendel. Nur zehn, fünfzehn Prozent der Frauen wollen sich bis an die Spitze durchbeißen - und sind bereit, dafür so viel zu opfern, wie Männer das tun. Den meisten Frauen ist der Chefsessel nicht wichtig. Eine erfolgreiche Frau sattelt gerne um, einen Mann spornt der Erfolg zu noch mehr Ehrgeiz an." Pinker warnt davor, beim Thema berufliche Karriere alleine männliche Maßstäbe anzulegen: "Wir müssen aufhören, den Mann als Standard zu sehen. Männer setzen alles auf eine Karte, auf der steht: Karriere, Geld, Macht. Bei Frauen steht daneben noch einiges, was ihnen ähnlich wichtig ist." Laut Pinker ist ein eher männliches Karriereverhalten von Frauen eher in gesellschaftlichen Umbruchszeiten zu verzeichnen, wenn Gesellschaften einen emanzipatorischen Sprung machen. Sind jedoch gleiche Rechte erkämpft, folgen Frauen wieder mehr ihren ureigenen Neigungen und schlagen eher - häufig gesellschaftlich nicht sonderlich anerkannte - Berufswege ein, die ihrem Naturell entsprechen. Die kritischen Fragen der FAZ-Redakteurin im Interview zeigen mehr als deutlich, wie schwer wir uns damit tun, anzuerkennen, dass Männer und Frauen vielleicht wirklich grundverschieden sind. Und dass gerade viele Frauen lieber männlichen Idealen nacheifern als zu ihrem ureigenen Weg zu stehen.
"Vielen Frauen ist der Chefsessel nicht wichtig", FAZ 12.1.2010
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