Die Last nicht mehr alleine tragen
Wohl jede.r kennt das unschöne Gefühl, wenn man im Umgang mit anderen Menschen einen Fehler gemacht oder ihnen sogar geschadet hat. Schuldgefühle sind dann die Folge, und diese schmerzen oft über lange Zeit. Eine Studie der Universität Basel kommt nun zu überraschenden Erkenntnissen, wie sich diese Schuldgefühle vielleicht lindern lassen: mit Placebos! Die Wissenschaftler ließen ihre Versuchspersonen ein Geschehnis aus ihrem Leben aufschreiben, das in ihnen zu Schuldgefühlen geführt hatte, die sie immer noch beschäftigen. Einer Versuchsgruppe gaben sie anschließend ein Mittel, das gegen Schuldgefühle helfen soll - die Probanden wussten hier nicht, dass es sich um ein Placebo handelte. Eine weitere Gruppe wurde informiert, dass es ein Placebo ist, das sie erhielten. Und eine Kontrollgruppe erhielt keinerlei Gabe. Bei der anschließenden Befragung wurde deutlich, dass sich die Mitglieder beider Placebo-Gruppen nach der Medikamentengabe erleichtert fühlten. Die Forscher werten diese Erkenntnisse als so vielversprechend, dass sie in größerem Stil untersuchen möchten, wie solche offenen Placebo-Gaben in Behandlungsszenarien integriert werden könnten. Ich frage mich ja, ob der gemessene Effekt wirklich mit dem Medium Placebo zusammenhängt. Oder ob nicht vielleicht allein der menschliche Kontakt, der mit der Gabe des Mittels verbunden war, zur Wirkung beitrug. Schuldgefühle wirken ja oft deshalb so schwer, weil Menschen sich mit ihnen alleingelassen fühlen und die empfundene Bürde selbst tragen müssen. In ein "Behandlungsszenario" eingebunden zu sein, nimmt womöglich etwas von dieser Last. Dann wäre nicht das gegebene Mittel die Lösung, sondern die Tatsache, dass der empfundene Schmerz offiziell geteilt werden kann durch das Miteinander mit einem anderen Menschen im Zuge der Behandlung.
Placebos helfen gegen Schuldgefühle, idw 12.1.2023