Wer im Hier und Jetzt ist, ist glücklicher
Die Fähigkeit, vorauszuschauen, zu planen oder im Rückblick Geschehnisse zu analysieren gehört zu den wichtigen evolutionären Errungenschaften in der menschlichen Entwicklung. Sie hat jedoch ihren Preis, wie Forscher der Harvard University nun belegen konnten, denn: Der Geist, der sich auf der Zeitlinie auf Wanderschaft begibt, sich mit dem beschäftigt, was gestern war oder morgen sein wird, ist ein unglücklicher. Die Wissenschaftler hatten für ihre Studie mit 2.250 Probanden eine App für das iPhone entwickelt, die die Studienteilnehmer zu verschiedenen Zeitpunkten aufforderte, darüber Auskunft zu geben, was sie gerade tun und ob sie mit den Gedanken bei dieser Tätigkeit sind oder abschweifen. Die Unkonzentrierten sollten schließlich noch Auskunft geben, ob sie an etwas Positives, Neutrales oder Negatives dachten. In 47 Prozent aller Fälle waren die Beteiligten mit ihren Gedanken nicht bei der Sache - und dies unabhängig davon, ob was sie gerade taten (hier bildete lediglich der Sex eine Ausnahme, denn hier war die Mehrheit der Studienteilnehmer eigenen Aussagen zufolge sehr präsent). Und es zeigte sich, dass die, die abschweiften, weniger glücklich waren als diejenigen, die sich voll auf das konzentrierten, was gerade anlag. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass das Abschweifen selbst die eigene Zufriedenheit untergräbt - unabhängig davon, ob man nun positiven oder negativen Gedanken nachhängt oder sich mit einer angenehmen oder eher unangenehmen Tätigkeit beschäftigt. Wer meditiert, weiß das aus eigener Erfahrung - wo kein Gedanke zwischen das Ich und das Hier und Jetzt tritt, beginnt eben wirkliche Zufriedenheit, manche sagen sogar das Glück.
Tagträume machen unglücklich, Spiegel Online 12.11.10