Die Philosophin Svenja Flaßpöhler betrachtet in einem Gespräch mit der Zeit die Schattenseiten der Leistungsgesellschaft. "Ehrgeiz ist ambivalent. Im positiven Sinn sublimiert der Ehrgeizige durch seine Arbeit einen subjektiv empfundenen Mangel und schöpft daraus Selbstwertgefühl. Je mehr das im Beruf gelingt, desto anerkannter fühlt er sich. Aber der Ehrgeiz – das Wort verrät es bereits – hat auch eine Kehrseite: Man kann regelrecht süchtig nach Anerkennung werden. Der Ehrgeizige muss immer besser sein als andere. Dieser Druck lässt den Ehrgeiz ins Zwanghafte umschlagen", so Flaßpöhler. Die Philosophin erklärt, dass vor allem die negative Seite des Ehrgeizes gesellschaftlich gefördert werde. Während früher kulturell eher Pflichtbewusstsein im Vordergrund stand, gehe es heute oft um einen übertriebenen Kampf nach Anerkennung. Und der manövriert uns in die Sackgasse. "Schlimm ist, dass wir die Schuld immer bei uns selbst suchen, wenn wir zusammenbrechen. Es liegt am Konkurrenzdruck, am Erfolgsdruck, an der Wachstumslogik. Was fehlt, ist politischer Widerstand", so Flaßpöhler. In der Krise sieht sie eine Chance, diese Wettkampflogik zu hinterfragen und vielleicht auch wieder Themen wie Selbstverwirklichung ins Spiel zu bringen.
"Wir müssen mit Genuss arbeiten", Zeit online 16.2.12
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