Freizeit sollte eigentlich die entspannteste Phase des Tages sein. Doch für viele geht in den Stunden, die nicht der Arbeit, der Lebensfürsorge oder dem Schlaf gewidmet sind, der Stress erst richtig los. Untersuchungen etwa zeigen, dass immer mehr Menschen sich von typischen Freizeitaktivitäten eher bedrängt oder überfordert fühlen, anstatt sie zu genießen. "Freizeit wird definiert als frei gestaltete Zeit mit eigenen Prioritäten, denn ob wir uns um die geliebten Familienmitglieder und Freunde kümmern bzw. uns kulturell, sportlich oder politisch betätigen, bestimmen wir eigenmächtig. Die Paradoxie liegt darin, dass viele Menschen quasi in den Medien leben, sodass sie sich selbst zu wenig Schlaf gönnen und ihre eigene Mediennutzung keineswegs als selbstbestimmt empfinden. Als ob sie ferngesteuert seien, ein eindeutiges Zeichen von süchtigem Verhalten! Und jede Sucht enthält das Moment von Wiederholungen, der Unfähigkeit zur Selbstgestaltung", erklärt die Therapeutin Astrid von Friesen im Deutschlandfunk. Schon Erich Fromm wies vor Jahrzehnten darauf hin, dass die "einfachen Reize" der Medien uns zu passiven Konsumenten machen. Und diesen Verlust des selbstbestimmten Handelns, der eigenen Intentionalität, scheinen wir heute immer stärker zu spüren. Ulrich Reinhardt, Leiter der BAT-Studie über Freizeit, sagt: "Wenn wir über Freizeitaktivitäten sprechen, stellen wir fest, dass die meisten mittlerweile Freizeitpassivitäten sind (...), wodurch der Erlebnischarakter, Zufriedenheit und Wohlgefühl verloren gehen." "Dieser mediale Brei wie im Schlaraffenland erzeugt irgendwann Lauheit, Überdruss und das ewige Kreiseln um das eigene isolierte Selbst!", findet auch Astrid von Friesen. Sie hat allerdings auch ein Gegenrezept parat: "Was hilft? Schlicht gesagt: Raus ins eigene Leben! Alle Sinne nutzen und schärfen! Rein in lebendige, reale Wagnisse! Fünf Bereiche ermöglichen die höchsten Flow-Erlebnisse: Kunst und Spiel, körperliches Auspowern und Sinnesgenuss, denn die Verkümmerung der Sinne ist eine der wichtigsten Ursachen für Langeweile. Als Drittes das Lesen, das heißt, die Eigenproduktion von inneren Fantasien sowie erarbeitete Sachkompetenz durch Vertiefung, durch Konzentration. Als Fünftes: Altruistisches Handeln, denn die Umsetzung von Empathie vertreibt Lebensüberdruss, verlebendigt uns selbst!" Am besten, einfach mal ausprobieren ...
Freizeit, die keinen Spaß mehr macht, Deutschlandfunk Kultur 26.10.2022
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